09/06/2021 – 19/06/2021   Von Tina

Ein Lieblingsort

Dieser Artikel ist eine Erinnerung an meinen bisherigen Lieblingsort auf unserer Schwedenreise. In den folgenden Zeilen versuche ich euch mitzunehmen an dieses wundersame Fleckchen Erde. Eigentlich gab es gar nichts spektakuläres dort zu sehen, sondern es ist vielmehr die Summe aller kleinen Erlebnisse, die diesen Ort für mich so besonders machen.

Alles begann mit der Erkundung einer potentiellen kostenlosen Übernachtungsmöglichkeit. Ein Parkplatz, unweit einer Badestelle, im Wald. Wir steigen aus, folgen dem schmalen Pfad zu einer gepflegten Grasfläche. Hier stehen einige Bänke unter Bäumen, eine handvoll Handtücher liegen auf dem Boden auf denen sich Menschen in der Sonne wärmen. Wir setzen uns ein wenig Abseits in den Schatten, essen Wassermelone und stellen fest, dass wir uns hier nicht besonders wohl fühlen. Auch das gehört dazu. Es gibt wirklich hübsche Orte,  an denen das eigene Gefühl eben nicht stimmt. Genau beschreiben kann ich es zwar nicht, aber hier ist es so. 

Wir hatten von Anfang an die Vereinbarung, sollte auch nur ein Zweifel bestehen oder sich eine von uns unwohl an einem Ort fühlen, suchen wir einen anderen Platz zum Übernachten auf. Also steigen wir erneut ins überhitzte Auto und fahren weiter, durch schwedische Wälder, vorbei an großen und kleinen Seen. 

Mehr durch Zufall landen wir eine knappe halbe Stunde später an einem kleinen offiziellen Stellplatz. Objektiv betrachtet könnte man sagen, er sei ähnlich zu dem Platz den wir gerade erst verlassen hatten. Auch eine Wiese, auch ein See, auch inmitten von Wäldern. Nur, dass es hier so aussieht wie in den Büchern von Petterson und Findus.

Irgendetwas ist eben doch ganz anders. Der Stellplatz ist gesäumt von Birken und wenigen kleinen roten Schwedenhäusschen. Ein roter Bauwagen, beheimatet die Toiletten, ebenso die einzige Dusche des Stellplatzes, die mich sehr an das Badezimmer meiner Großeltern in deren Kleingarten erinnert. Es riecht auch so. Wie Lauben eben riechen. Urig irgendwie. Alles Nötige ist vorhanden, mehr aber auch nicht. Es ist perfekt. Es ist einfach schwedisch-schön.

Ganz in der Nähe befinden sich ein kleiner Lebensmittelladen und eine Badestelle. Vom Ufer aus ragen mehrere Stege ins Wasser, an denen kleine Boote festgezurrt sind, an dessen Wände leise das Wasser klatscht. 

Bereits am ersten Abend, mit einem Bier in der einen und einer Zigarette in der anderen Hand, verlieben wir uns unsterblich in dieses schöne Fleckchen Erde. Die Luft ist warm, es riecht nach frisch gemähtem Gras, der Wind ist in den Bäumen zu hören, wirft tanzende Schatten auf die Erde und kitzelt auf der Haut.

Genauso habe ich mir den Sommer in Schweden vorgestellt. Gefühlt kommen wir erst jetzt so richtig in diesem wunderschönen Land an.

Der Besitzer ist ein älterer fröhlicher Herr, der jeden Tag die Neuankömmlinge, auf seiner Wiese, herzlich auf schwedisch begrüßt und die Miete für die Nacht abholt. Da er ausschließlich schwedisch spricht, versuchen wir mit einer Mischung aus Deutsch, Englisch und den wenigen schwedischen Wörtern, die wir irgendwo aufgeschnappt haben, vorwiegend aber mit Händen und Füßen, uns zu verständigen. Es klappt überraschend gut und wir lachen viel. Ich persönlich empfinde es als schön, Menschen ungezwungen und ungeniert kommunizieren zu sehen, unabhängig der Sprache, die sie sprechen und ich verspreche mir selbst, etwas von seinem Mut abzugucken. 

Es ist nämlich ziemlich egal. Herzlich kann man sich einander in jeder Sprache begegnen.

Auch in den nächsten Tagen kommen wir öfter ins Gespräch und er fragt uns täglich mehrmals ob es uns gut geht, wir nicken fleißig und recken die Daumen. Auch begrüßen wir uns bei jeder sich bietenden Gelegenheit, an der wir einander vorbeilaufen, mit einem freundlichen HEJ HEJ. 

Irgendwo gibt es immer etwas zu tun, darum sehen wir ihn jeden Tag in einer anderen Ecke herumwerkeln. Bis zum frühen Abend, wenn das Licht dann langsam einen orangefarbenen Unterton bekommt und man spürt, dass sich der Tag dem Ende neigt, macht er es sich, mit drei weiteren älteren Herren, auf einer Bank des Stellplatzes, gemütlich. 

Redend, schweigend, rauchend, ihre gebräunten Gesichter der Abendsonne entgegengestreckt.

 

Aus den ursprünglich drei geplanten Tagen, werden am Ende über eineinhalb Wochen. Wir verlängern noch zwei weitere Male, denn wir wollen bleiben, OBWOHL in den ersten Tagen so viel Rasen auf dem Platz gemäht wird, dass sich das brummende Geräusch des Rasenmähers in unsere Gehörgänge fräst. Zu unserem Glück ist nach drei Tagen dann auch jeder Grashalm im Umkreis von einem Kilometer geköpft, sodass am vierten Tag absolute Ruhe einkehrt.

In den 1,5 Wochen unseres Aufenthaltes, streifen wir durch den Wald, erkunden eine kleine Halbinsel, auf der wir die dort angelegte Feuerstelle nutzen um überm Lagerfeuer zu kochen und genießen unser hyggeliges Leben. 

Einmal stehen wir absurd früh auf um uns den Sonnenaufgang anzusehen, füllen dampfenden Kaffee in eine Kanne und ziehen mit Decken und der Kamera an den Steg.  Das Licht, die Stimmung und die Geräusche, die entstehen, wenn ein neuer Tag beginnt, sind sehr besonders. Nachdem die Sonne über den Horizont gestiegen ist, uhut ein Uhu und eine Kuh muht (das sind sehr viele U ´s).

Wir gehen oft im See baden oder lassen wenigstens unsere Füße vom Steg ins Wasser baumeln und besuchen regelmäßig den kleinen Laden um die Ecke mit den freundlichen Verkäufer*innen, um uns die leckere Erdbeerlimonade mit Minze zu kaufen.

Wir lernen unsere Nachbarn ein bisschen besser kennen. Ein älteres, sehr nettes schwedisches Pärchen, die mit ihrem Wohnanhänger über den Sommer am See wohnen. Sie geben uns Tipps für unsere weitere Reise und berichten sowohl von ihren Interrail Abenteuern in den 70ern als auch von heimischen Weidenkätzchen.

Am Tag des Abschieds ist es besonders heiß, denn die Sonne brennt unerbittlich vom strahlend blauen Himmel herab. Wir springen noch ein letztes Mal mit Anlauf vom Steg ins kühle Nass.

Mir fällt es schwer zu gehen.

Das bedeutet wohl, dass wir wiederkommen müssen. Wir hinterlassen kleine Briefe auf schwedisch für den Besitzer und unsere hilfsbereiten Nachbarn am Scheibenwischer und unter einem Stein auf der Fußmatte, in der Hoffnung, dass sie gefunden werden und zeigen wie dankbar wir für ihre herzliche Gastfreundschaft der letzten 1,5 Wochen sind.

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Dieser Beitrag hat 16 Kommentare

  1. Mama

    Was für ein schöner Text und dazu diese wundervollen Bilder 😘

  2. Nadine

    Viel viel mehr davon 😍

  3. Opper

    Wie viel Freude es gemacht hat, diesen Text zu lesen! Man hat beim Lesen den Ort genau vor Augen, wie auf euren Bildern.

    Liebe Grüße
    Opper

    1. Wie schön dass du hier bist 😊 es freut uns riesig sowas zu lesen, denn das war der Plan.
      Ganz liebe Grüße zurück 💛

  4. Sascha

    So schön geschrieben 💖 man fühlt sich beim lesen und beim schauen der Bilder als wäre man dabei gewesen …… herrlich 🥰

  5. Christin

    Ich konnte gefühlt an diesen Ort reisen und spüren wie beeindruckend er sein muss. Ich lese so energisch Euren Blog und kann jedes mal vom Stress des Alltags loslassen. Die bildhaften Beschreibungen gefallen mir wahnsinnig sehr. Genießt weiter diese wundervolle Reise 🤗

  6. Paula

    Oooooh schöööön
    😍😍😍

  7. Romy

    Wirklich wunderschön! Dank euch kann man sich auch dort hin träumen! Wir wünschen euch noch ganz viele solcher Orte auf eurer Reise!

  8. Liebe Grüße Heike😀

    Hallo. Habe heute Mal wieder Zeit in eurem Blog zu lesen und abzutauchen. Es muss toll sein. Meine Kollegin fährt auch jedes Jahr nach Schweden in den Urlaub. Sie ist auch gerade wieder da. Und auch als Camper. Vielleicht trifft man sich….

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